Thema Unfallflucht: Verliere ich den Führerschein?
Unfallflucht ist ein sehr spezielles Delikt. Warum? Weil so ziemlich jeder schon mal in die Lage gekommen ist, zumindest kurzzeitig ein Entfernen vom Unfallort angedacht zu haben. Soll heißen, dass in diesem strafrechtlichen Bereich auch der „normale“ Bürger schnell in Konflikt mit dem Gesetz gerät. Ob beim Ausparken, beim Wenden oder in engen Straßen – eine leichte Berührung bereitet einem dann im Zweifel viel Ärger.
Verliere ich generell meinen Führerschein?
Nun, das Gesetz hat wie immer eine Antwort parat. Werfen wir einen Blick in § 69 StGB, genauer gesagt in Absatz 2 Nr. 3:
§ 69 Absatz 1 StGB:
Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.
Absatz 2 Nr. 3:
Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen…des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.
Die wichtigen Passagen haben wir unterstrichen. Diese dienen uns zur Orientierung, damit wir die Frage nach dem Verlust des Führerscheins beantworten können. Dem Grunde nach hängt alles an der Frage, wann denn ein bedeutender Schaden anzunehmen ist.
Bedeutender Schaden bei der Unfallflucht
Die Gerichte ziehen die Grenze in der Regel bei 1.300,00 EUR. Vereinzelt gibt es Ausbrecher nach oben, manchmal wurde der bedeutende Schaden erst bei 2.500,00 EUR angenommen. Nunmehr hat sich das Amtsgericht Stuttgart mit dem Thema befasst und einen interessanten Punkt genannt, den man als Fachanwalt für Strafrecht unbedingt aufgreifen sollte. Es handelt sich dabei um den angestiegenen Verbraucherpreisindex. Danach soll man sich nicht mehr an den 1.300,00 EUR orientieren, sondern vielmehr an 1.600,00 EUR.
Verbraucherpreisindex
Das Gericht führt aus:
Als Vergleichsmaßstab bietet sich der jährlich vom Statistischen Bundesamt berechnete und veröffentlichte Verbraucherpreisindex an. Der aktuell geltende Verbraucherpreisindex in Deutschland hat das Jahr 2010 als Basisjahr (2010 = 100). Im Jahr 2002 erreichte der Verbraucherpreisindex einen Jahresdurchschnittswert von 88,6 und zum Stichtag Mai 2017 einen Wert von 108,8. Die Veränderungsrate beträgt somit 22,80 % (108,8 / 88,6 x 100 – 100). Der Wert von 1.300 Euro aus dem Jahr 2002 stieg somit unter Berücksichtigung dieser Preissteigerungsrate von 22,80 % im relevanten Vergleichszeitraum auf 1.596 Euro. Leicht gerundet erscheint es daher sachgerecht und die allgemeine Preisentwicklung angemessen berücksichtigend, die Wertgrenze für die Annahme eines bedeutenden Schadens i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nunmehr auf 1.600 Euro festzusetzen.
Fazit: Gute Argumente verhindern gegebenenfalls den Verlust des Führerscheins
Ganz ohne Strafe kommt man am Ende zwar nicht davon, ein Fahrverbot von zumindest einen Monat muss man in Kauf nehmen – aber alles ist besser als eine Sperrfrist und dem Entzug der Fahrerlaubnis.