Strafrechtskanzlei

Ist das Würgen eines anderen Menschen als gefährliche Körperverletzung zu verstehen?

Körperverletzung ist nicht gleich Körperverletzung. Gerade unter Juristen wird oftmals gestritten, ob es sich um eine sogenannte „einfache“ Körperverletzung handelt, oder aber um eine „gefährliche“ Körperverletzung. In der täglichen Praxis spielt das insofern eine Rolle, als dass das Strafmaß sich recht deutlich unterscheiden kann. Das Würgen eines anderen Menschen wird hier immer kontrovers diskutiert. Die Verteidigung neigt dazu, beim Würgen eine einfache Körperverletzung anzunehmen, die Staatsanwaltschaft ist schnell bei einem Tötungsvorsatz.

Schauen wir uns dieses Thema im Hinblick auf die rechtliche Einordnung des Würgen also nochmal genauer an:

Bestimmte Begriffe spielen in der Praxis der Delikte der Körperverletzung immer wieder eine Rolle. Dazu gehört z.B. der Begrfiff des „Mittels einer das Leben gefährdenen Behandlung“ in § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Mit dem hat sich vor kurzem noch einmal der BGH befasst.

Sachverhalt:

Das Landgericht Mannheim hatte den Angeklagten unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung durch Würgen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Dagegen richtete sich die Revision des Angeklagten und die der Staatsanwaltschaft. Der BGH macht im Zusammenhang mit der Revision des Angeklagten Ausführungen zu dem Merkmal „mittels einer das Leben gefährdenen Behandlung“:

Meinung des BGH:

Nicht jeder Angriff auf den Hals des Opfers in der Form des Würgens ist eine das Leben gefährdende Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Von maßgeblicher Bedeutung sind vielmehr Dauer und Stärke der Einwirkung, die zwar nicht dazu führen müssen, dass das Opfer der Körperverletzung tatsächlich in Lebensgefahr gerät, aber abstrakt geeignet sein muss, das Leben des Opfers zu gefährden.

Welche Tatumstände muss man sich genauer anschauen?

In der Regel wird man über einen rechtsmedizinischen Gutachter untersuchen müssen, ob eine Lebensgefahr betsand. Hier spielt der Druckpunkt eine Rolle, auch Dauer und Intensität der Handlung sind von Bedeutung:

Der Angeklagte hielt die Nebenklägerin etwa zehn Sekunden mit festem Griff mit beiden Händen am Hals gepackt, drückte mit den Daumen in die Kehlkopfgegend, wodurch die Atemwege teilweise verlegt wurden. Angesichts der als glaubhaft angesehenen Bekundungen der Geschädigten – Todesangst und das Gefühl, ein Schleier bilde sich vor ihr, verspürt und gedacht zu haben, sie stehe kurz vor der Bewusstlosigkeit – ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht eine abstrakt lebensgefährdende Tathandlung angenommen hat. Der rechtsmedizinische Sachverständige, dem sich die Strafkammer angeschlossen hat, hatte ausgeführt, es hänge bei einem Angriff auf den Hals mit der festgestellten Dauer und Intensität weitgehend vom Zufall ab, nämlich vom Druckpunkt des Würgegriffs und der körperlichen Konstitution des Angegriffenen, ob lebenswichtige Funktionen zerstört werden, insbesondere die für die Sauerstoffversorgung des Gehirns wichtige Blutzufuhr bzw. Blutabfuhr beeinträchtigt oder der Kehlkopf eingedrückt wird. Hätte der Druckpunkt geringfügig anders gelegen, hätte sich das Verletzungsbild ganz anders darstellen können. Für den Täter sei nicht kontrollierbar, ob durch das kräftige Zudrücken des Halses eine kreislaufrelevante Vene, empfindliche Teile des Kehlkopfs oder der Stimmlippen getroffen werden.

Die Entscheidung zum nachlesen finden Sie hier: BGH, Urt. v. 08.12.2016 – 1 StR 344/16

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