Schätzung des THC Wirkstoffgehalts
Diese Problematik kann einem bei dem Tatvorwurf BtM Verstoß immer wieder über den Weg laufen. Der Wirkstoffgehalt spielt eine wichtige Rolle, bemisst sich danach doch in der Regel der Strafrahmen. So macht es nämlich einen Unterschied, ob man lediglich wegen § 29 BtMG angeklagt und verurteilt wird, oder aber nach § 29 a BtMG. Entweder, man kommt noch mit einer Geldstrafe davon, oder aber es droht eine Freiheitsstrafe, welche nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung ausgesetzt wird.
Aber der Reihe nach: Was versteht man eigentlich unter dem Wirkstoffgehalt?
Wirkstoffgehalt bei THC
Jeder hat es schon mal gehört, viele können trotzdem nichts mit der juristischen Einordnung von THC anfangen.
Das THC ist Hauptbestandteil des psychoaktiven Anteils in Hanfpflanzen. Je nach Sorte liegt der Gewichtsanteil zwischen 2% und 20% (Gewichtsprozent). Werte um die 10 % werden am häufigsten festgestellt, sofern es sich um Haschisch handelt. Bei Marihuana ist der Wirkstoffgehalt sehr viel unberechenbarer (in Hinblick auf die Variation) als bei Haschisch.
Will man nunmehr den Wirkstoffgehalt feststellen, so benötigt man eben die gemessene Menge an Gewichtsprozent. Denn daraus ergibt sich im Anschluss der Wirkstoffgehalt in Gramm. Liegt dieser nach Abzug der Messunsicherheit bei über 7,5 Gramm, hat man ein Problem.
Zum aktuellen Fall
Das Landgericht Karlsruhe hat den Angeklagten unter anderem wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Im Rahmen einer Durchsuchung wurden Betäubungsmittel sicher gestellt. Deren Wirkstoffgehalt hat das Landgericht geschätzt.
Der 1. Strafsenat hat daran kritisiert, dass der Wirkstoffgehalt nicht rechtsfehlerfrei festgestellt worden ist und hat das Urteil folgerichtig aufgehoben:
Es unterliegt durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht den Wirkstoffgehalt des sichergestellten Betäubungsmittels mit 5 % THC geschätzt hat. Wegen der Bedeutung der Wirkstoffmenge für eine sachgerechte, schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht kann auf eine nach den Umständen des Falles mögliche genaue Feststellung des Wirkstoffgehalts nicht verzichtet werden (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1996 – 3 StR 233/96). Da nach den Feststellungen des Landgerichts bei einer Kontrolle des Abnehmers des Angeklagten Marihuana aufgefunden wurde, wäre ohne weiteres eine exakte Feststellung des Wirkstoffgehalts durch das Gutachten einer Untersuchungsstelle möglich gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass das sichergestellte Marihuana für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung gestanden haben könnte, bestehen nicht.
Warum ist diese Vorgehensweise des Landgerichts zu kritisieren?
Da das Landgericht nur von einem relativ geringen Überschreiten der nicht geringen Menge ausgegangen ist, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass eine exakte Feststellung des Wirkstoffgehalts zu einer geringeren Wirkstoffmenge und damit auch zu einem anderen Schuldspruch des Angeklagten sowie niedrigeren Freiheitsstrafen geführt hätte.
Wichtig für Ihre Verteidigung: Was zunächst positiv aussieht (Schätzung des Gerichts eines geringen Wirkstoffgehalts), muss trotzdem einer gewissenhaften Überprüfung unterzogen werden. Was zunächst wie ein Geschenk der Justiz aussehen mag, entpuppt sich sonst als Rohrkrepierer.
BGH, Beschluss vom 20.06.2017 – 1 StR 227/17
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