Einstellung des Verfahrens Strafrechtskanzlei

Jugendstrafrecht – Einstellung des Verfahrens in der Hauptverhandlung

Amtsgericht Schwedt/ Oder

Das Jugendstrafrecht zeichnet sich sich durch einen wesentlichen Unterschied vom Erwachsenenstrafrecht aus: Es geht vorrangig um den Erziehungsgedanken bei jungen Menschen. Nicht die Strafe steht im Vordergrund, sondern die erzieherische Wirkung eines Strafverfahrens. Der Staat möchte zeitnah auf den Jugendlichen einwirken, damit gerade junge Menschen noch die Möglichkeit haben, ihr Tun zu überdenken.

Unser Fall aus Schwedt:

Unsere Mandantin hat sich über Jahre hinweg in der Szene bewegt. Unter Szene verstehen wir das örtliche Drogenmilieu. Als junges Mädchen lernte sie dabei viele „Freunde“ kennen, die ihr nur Gutes wollten. Wie sich im Verlaufe der Zeit jedoch herausstellte, gibt es mehrere Definitionen von „Gutes“. Um den eigenen Konsum von Betäubungsmitteln zu konsumieren hat man ihr angeboten, Drogen zu verkaufen. 

Es kommt, wie es kommen musste: Der Konflikt mit der örtlichen Polizei war vorprogrammiert. Es häuften sich Verfahren an, die allesamt mit Drogen zu tun hatten, sei es Erwerb, Besitz oder gar Handel. Da es allein nicht mehr nur um weiche Drogen ging (Cannabis), sondern auch um harte Drogen wie Speed, Kokain usw. hat die Polizei ihre Ermittlungen intensiviert und nach einer gewissen Zeit die Erkenntnisse der Ermittlungen in einer Anklage untergebracht. Soll heißen: Die Staatsanwaltschaft hat Anklage zum Amtsgericht erhoben, genauer gesagt zum Jugendrichter.

Anregung der Verteidigung: Einstellung des Verfahrens nach §§ 45, 47 JGG

Als Rechtsanwalt hat man bei Verfahren mit Jugendlichen immer die sogenannte Diversion im Blick. Was heißt das eigentlich? Ganz einfach: Absehen von Strafe bzw. Einstellung des Verfahrens.

Der § 45 JGG (Jugendgerichtsgesetz) sieht vor (Auszug der Vorschrift):

Ist die Anklage eingereicht, so kann der Richter das Verfahren einstellen, wenn eine erzieherische Maßnahme im Sinne des § 45 Abs. 2 JGG, die eine Entscheidung durch Urteil entbehrlich macht, bereits durchgeführt oder eingeleitet ist oder der Richter eine Entscheidung durch Urteil für entbehrlich hält und gegen den geständigen Jugendlichen eine in § 45 Abs. 3 Satz 1 bezeichnete Maßnahme anordnet oder…

Ergebnis: Nach einer Ermahnung wurde das Verfahren eingestellt

Im Rahmen der Hauptverhandlung konnte – in Rücksprache mit der Jugendgerichtshilfe – auf die sogenannte Ermahnung zurückgegriffen werden. Als Rechtsanwälte konnten wir dem Gericht und der Staatsanwaltschaft belegen, dass der erzieherischer Effekt bei unserer Mandantin angekommen ist. Das Verfahren wurde eingestellt.

Fazit:

Was auf den ersten Blick sehr einfach aussieht, erfordert doch ein wenig Aufwand. Als Rechtsanwalt sollte man sich seiner Verantwortung im  Hinblick auf junge Menschen bewusst sein. Wir besprechen uns ausführlich mit dem Jugendlichen und – wenn es gewünscht wird – auch mit seiner Familie. So können wir dem Gericht gegenüber ein glaubhaftes Bild des Entwicklungsstatus darlegen. Der Vortrag des Anwaltes darf hier nicht inhaltsleer sein, vielmehr muss man alle Möglichkeiten ausschöpfen und dem Jugendlichen dabei helfen, die Folgen seiner Tat richtig einzuordnen. 

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