Vorladung wegen Betäubungsmittel

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln – Gewinn gehört nun mal dazu…

Heute wollen wir einen Klassiker aus dem Betäubungsmittelstrafrecht aufgreifen, da wir im Moment in einem ähnlich gelagerten Fall verteidigen. Der Reihe nach:

Wir beginnen mit dem § 29 Betäubungsmittelgesetz (BtMG), der zum Handeltreiben folgende Auskunft gibt:

§ 29 BtMG – Handeltreiben

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
  2. …usw.

Wer jetzt schon Erfahrung im Strafrecht gesammelt hat, vornehmlich im Betäubungsmittelstrafrecht, der wird wissen, dass einem der Tatvorwurf Handeltreiben schwer zu schaffen machen kann. Ob nun zu Recht oder zu Unrecht, reagieren Gerichte und Staatsanwälte sehr streng auf den Verkauf von Drogen. Man gefährde die Volksgesundheit (so die hier häufig verwendete Begrifflichkeit) und überhaupt, das Gewinnstreben sei strafrechtlich nicht hinzunehmen und das muss hart bestraft werden. Aber ist diese Argumentation wirklich rechtlich zu halten? Oder muss man hier differenzieren? Wenn wir schon so fragen, dann scheint es hier an der gängigen Praxis etwas auszusetzen zu geben…

Der Fall:

Wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln hat das Landgericht den Angeklagten verurteilt. In der Urteilsbegründung tauchten nachfolgende Feststellungen zu der Strafzumessung auf:

„Auch fiel ins Gewicht, dass der Angeklagte sich nach Abwägung aus primär finanziellen Erwägungen entschieden hat, Betäubungsmittel in erheblichem Umfang zu verkaufen. Es ging ihm also nicht um die Finanzierung des eigenen Konsums; die Ermöglichung des eigenen Konsums wegen der nunmehr vorhandenen Betäubungsmittel war lediglich Folge der zuvor primär aus Gewinnstreben getroffenen Entscheidung.“

Das Rechtsmittel der Revision war hier erfolgreich:

Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht hat man mit der vorgenannten Begründung ein Problem: Das Gewinnstreben gehört doch bereits zum Tatbestand des Handeltreibens. Schaut man jetzt in das Strafgesetzbuch und macht sich Gedanken zu den Grundsätzen der Strafzumessung, stößt man auf § 46 StGB.

§ 46 StGB – Grundsätze der Strafzumessung

Hier heißt es in Absatz 3:

Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

Also hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung aufgehoben. Er merkte an:

Der Senat kann letztlich nicht sicher ausschließen, dass das Landgericht bei richtiger Würdigung trotz der großen Mengen der gehandelten Betäubungsmittel angesichts zahlreicher zu Gunsten wirkender Umstände zur Annahme eines oder mehrerer minder schwerer Fälle oder bei Anwendung des Normalstrafrahmens jedenfalls zu (noch) niedrigeren Einzelstrafen gelangt wäre und hebt daher den gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf.“

Fazit:

Als Rechtsanwalt muss man penibel darauf achten, dass man im Rahmen der Strafzumessung nicht alles doppelt und dreifach verwertet. Das Gesetz hat die Regeln der Strafzumessung klar definiert, und das gilt auch für das Betäubungsmittelstrafrecht.

Der Beschluss des BGH zum nachlesen: hier lesen…

BGH, Beschl. v. 31.01.2017 – 2 StR 413/16 – Handeltreiben mit Drogen

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