Geständnis durch List oder Lüge? Oder…was ist eigentlich erlaubt?

Als Rechtsanwalt werde ich oft gefragt, ob man das Geständnis den Polizeibeamten gegenüber nicht irgendwie wieder aus der Welt schaffen kann. Die Antwort ist eigentlich immer dieselbe: Ich kann nicht zaubern, aber es gibt gewisse Voraussetzungen, die ein Polizist einhalten muss. Tut er das nicht, so kann man das Geständnis angreifen. Aber der Reihe nach:

Sachverhalt:

Der zugrunde liegende Sachverhalt betrifft zwar den Tatvorwurf des Mordes, das Prinzip lässt sich aber auf so ziemlich jeden Fall übertragen.

Der Vernehmungsbeamte bei der Polizei hatte den Angeklagten in seiner ersten Beschuldigtenvernehmung mehrfach darauf hingewiesen, dass er ihn zwar nicht für einen „Mörder“ halte, dass die Tat aber angesichts der gravierenden Verletzungsfolgen und des Nachtatverhaltens wie ein „richtiger, klassischer Mord“ erscheine. Dem könne man nur entgegenwirken, wenn der Beschuldigte dies richtigstelle und sich endlich zur Sache einlasse. Es kommt, wie es kommen musste: Der Beschuldigte äußert sich zur Sache und räumte den äußeren Tatablauf weitgehend ein.

Obiter dictum des Bundesgerichtshofes (BGH):

Diese Verfahrensweise war mit § 136a Abs. 1 StPO, der nach § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO auch für Polizeibeamte gilt, nicht zu vereinbaren. Zwar schließt § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO nicht die Anwendung jeder List bei einer Vernehmung aus. Die Vorschrift verbietet aber eine Lüge, durch die der Beschuldigte bewusst irregeführt und in seiner Aussagefreiheit beeinträchtigt wird. Weiß der Vernehmende, dass aufgrund der bisherigen Ermittlungen kein dringender Tatverdacht bezüglich eines Mordes besteht, erklärt aber trotzdem, die vorliegenden Beweise ließen dem Beschuldigten keine Chance, er könne seine Lage nur durch ein Geständnis verbessern, so täuscht er ihn über die Beweis- und Verfahrenslage (BGH, Urteil vom 24. August 1988 – 3 StR 129/88, BGHSt 35, 328).

Ergebnis:

Lügen haben kurze Beine. Das gilt auch für einen Polizisten.

Der Vernehmungsbeamte hat in seiner gerichtlichen Vernehmung glaubhaft erklärt, dass die Polizeibeamten „selbst damals zunächst nicht von Mordmerkmalen ausgegangen seien, sondern von einer spontanen Tat, einer Affekttat oder einer Beziehungstat. Mordmerkmale hätten sich für sie erst nach dem Geständnis des Angeklagten offenbart.“

Damit steht fest, dass der Angeklagte bewusst darüber getäuscht worden ist, dass zureichende Anhaltspunkte für den Tatvorwurf des Mordes bestünden.

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