Prügelei, Schlägerei

Tatvorwurf: Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung

Folgender Sachverhalt war rechtlich zu bewerten:

Am Abend des 20. Dezember 2015 trafen der Mitangeklagte M. und der stark alkoholisierte Nebenkläger aufeinander. Es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen M. und N.. Der weitere Angeklagte A. (Bruder des M.) befand sich zu diesem Zeitpunkt zu Hause auf dem Sofa.

In der Folge erhielt der Angeklagte A. von M. einen Anruf, in dem dieser ihn aufforderte, ihm den Baseballschläger zu bringen, den er im Ankleidezimmer seiner Wohnung aufbewahre. Der Angeklagte A folgte dem Ansinnen und begab sich mit dem Baseballschläger zu dem wenige Meter entfernten Kinderspielplatz. Er traf dort, wie verabredet, auf seinen Bruder und übergab ihm den Baseballschläger, damit dieser ihn gegen den Nebenkläger verwenden konnte. Über den geplanten Einsatz des Baseballschlägers hatte M. den Angeklagten A. zuvor am Telefon informiert.

Nachdem der Angeklagte A. seinem Bruder M. den Baseballschläger übergeben hatte, schlug dieser mit voller Wucht einmal auf den Kopf des Nebenklägers, der sofort zu Boden ging. Der Angeklagte und sein Bruder verließen den Tatort. M. veranlasste kurze Zeit später die Zeugin W. , einen Krankenwagen zu verständigen.

Der Schlag mit dem Baseballschläger war potentiell lebensgefährlich. Der Nebenkläger erlitt durch den Schlag eine Trümmerfraktur des Gehirn- und Gesichtsschädels sowie den dauerhaften Verlust des linken Augenlichts. Er musste längere Zeit stationär behandelt und mehrfach operiert werden. 

Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung nach § 224 Absatz 1 Nr. 4 StGB?

Das Gericht in der ersten Instanz hat eine gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung bejaht. Die Strafkammer wies darauf hin, dass in dem Überbringen und der Übergabe des als Tatwerkzeug verwendeten Baseballschlägers durch den Angeklagten A. ein wesentlicher Tatbeitrag zu sehen ist, der die anschließende Tatausführung durch M. überhaupt erst ermöglichte und maßgeblich prägte. Zudem war der Angeklagte am Tatort anwesend.

Rechtfertigt das die Annahme einer gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung?

Zunächst muss man sich die Voraussetzungen in Erinnerung rufen, die die Annahme eines gemeinschaftlichen Handels begründen. Der Bundesgerichtshof hat dazu nochmal sehr schön zusammengefasst:

Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB setzt einen gemeinsamen Tatentschluss voraus, auf dessen Grundlage jeder Mittäter einen objektiven Tatbeitrag leisten muss. Bei der Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass dieser als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen. Wesentliche Anhaltspunkte können dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängt.

Ergebnis: Genaue Sachverhaltsaufklärung wiederlegt die gemeinschaftliche Körperverletzung

Im Ergebnis klingt das, was der Bundesgerichtshof rügt, recht simpel:

Nach den Feststellungen in dem Urteil hat der Angeklagte A. weder die Tat initiiert, noch hat er an der unmittelbaren Tatausführung mitgewirkt. Auf die Auswahl des Tatopfers bzw. die Art der Tatausführung hatte er keinen Einfluss. Ein maßgebliches Tatinteresse ist nicht festgestellt worden.

Die Moral von der Geschichte

Wir beobachten in den vergangenen Monaten vermehrt Aufhebungen von Verurteilungen wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung. Ist man Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren mit dem Tatvorwurf gefährliche Körperverletzung, darf man den Sachverhalt nicht einfach hinnehmen und alles über sich ergehen lassen. Auch hier hat man als Beschuldigter das Recht, jedes Detail des Sachverhalts in die Bewertung der Straftat mit einzubeziehen. Als Rechtsanwälte und Fachanwälte für Strafrecht ist es unsere Aufgabe, eben diese Argumente dem Gericht und der Staatsanwaltschaft deutlich zu machen.

Der Beschluss des BGH zum nachlesen: hier lesen…

2 StR 161/17

Tatvorwurf gefährliche Körperverletzung ?

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